"Diese Steine verströmen die Energie von 2500 Jahren", schwärmt die Capresin Lorena an der Phönizischen Treppe. Die Scala Fenicia war bis 1874 die einzige Verbindung vom Haupthafen Marina Grande nach Anacapri. Alle angelandeten Waren mussten hochgetragen werden. Abwärts gehen sich die 500 Stufen bequemer etwa auf dem Rückweg von der Villa San Michele, dem einstigen Domizil des schwedischen Arztes Axel Munthe. Die Treppe endet nahe der Kirche San Costanzo, die dem Schutzheiligen von Capri geweiht ist. Nahebei landet man mitten im Hafengewühl. Neuankömmlinge fahren mit der Funiculare (Drahtseilbahn) hinauf ins Dorf Capri und landen auf der Piazzetta (eigentlich Piazza Umberto I) zu Füßen des alten Glockenturms. Dort ist auch die Touristen-Information, wo man für drei Euro einen AudioFührer ausleihen kann. Tische und Stühle auf dem Platz sind schon frühmorgens besetzt. Sehen und gesehen werden lautet das Motto. Das ländliche Capri spürt man beim Gang zur Villa Jovis, dem einstigen Palast des Kaisers Tiberius im Nordosten der Insel. Der Weg führt vorbei an prachtvollen Häusern und Gärten, Weingärten, blühenden Wiesen und sturmzerzausten Pinien. Oben bei den Palastfragmenten zeigen sich schroffe Felsen und das Meer. Der russische Dichter Iwan Sergejewitsch Turgenjew pries Capri als "die Inkarnation der Schönheit". Ähnliches muss schon der römische Kaiser Augustus empfunden haben. Er tauschte 29 vor Christi diese Insel gegen das wesentlich größere Ischia ein. Sein Nachfolger Tiberius regierte elf Jahre lang das römische Weltreich von Capri aus. Angeblich ließ er hier zwölf Domizile errichten. Als Hauptsitz gilt aber die mehrstöckige Villa Jovis mit großen Zisternen und Thermen. Vom wertvollen Inventar blieb nichts an Ort und Stelle. »Alles geklaut", sagt Lorena. Auf dem Rückweg lockt das Belsito (via Matermania 9/11) zum Mittagsmahl. Auf der Dachterrasse genießt man bei hausgemachten PastaSpezialitäten und köstlichem Fisch den Blick übers Dorf bis zum Meer. Anschließend bietet sich ein Spaziergang zum Arco Naturale an, einem bizarren Felsborgen am Meer. Ausdauernde gehen zur wild zerklüfteten Steilküste hinunter. Ein schmaler Pfad führt treppauftreppab zu den berühmten Faraglioni, drei Felsnadeln, die bis zu 109 Meter aus den Fluten ragen Capris Wahrzeichen. Der Fußweg mündet auf die via Tragara, die spätere via Camerelle. Dort und rund um die Piazzetta wetteifern die renommiertesten Modedesigner um die Reichen und Schönen. Kleine Lädchen, gar nicht mal teuer, offerieren hübsche Accessoires und Souvenirs. Nach dem Shopping zieht es viele ins da Giorgio (via Roma 34). Die Ravioli alla caprese und die Pasta mit Meeresfrüchten sind Spitze, die Preise moderat. Kein CapriBesuch ohne Blaue Grotte! Entsprechend groß ist oft der Andrang. Vorder niedrigen Öffnung müssen sich die Bootspassagiere lang legen, um ihren Kopf zu retten. Drinnen leuchtet das Wasser wirklich in einem fabelhaften Blau. Danach kann man Anacapri besuchen, wo Antonio Viva in der via G. Orlandi 75 handgemachte Sandalen anbietet. Daneben fertigt Francesca Lucca attraktive Keramik eine traditionelle Kunst auf Capri, wie der herrliche MajolikaFußboden von 1761 in der Kirche San Michele zeigt. Rund 50 Minuten dauert der Weg von der Kirche zur Südwestspitze Punta Carena, wo kurz vor dem Aussichts punkt das vorzügliche Restaurant da Gelsomina (Via Migliara 72) lockt. Von Anacapri lohnt auch eine Fahrt mit der Seilbahn auf den 589 Meter hohen Solaro, der die schönste Aussicht auf den Ort Capri, die Faraglioni und Italiens Festland bietet. Ähnlich schön ist der Blick vom Punto del Cannone oberhalb von Capri. Entzückt wandern die Augen vom Hafen Marina Piccola über die elegant geschwungene Via Krupp, die Friedrich Alfred Krupp 1902 seiner Lieblingsinsel schenkte. Daneben die AugustusGärten, das Kartäuserkloster San Giacomo, das feine Hotel Luna und die Faraglioni, vergoldet von der sinkenden Sonne.

INFOS
Saison: Osterwoche bis Ende Oktober. Ab Neapel mehrmals täglich SchnellbootService. Auto darf nicht mitgebracht werden. Gute Busverbindungen, ScooterVerleih. Unterkünfte:
Hotel Luna (4 Sterne), zentrumsnah, ruhig, Blick auf die Faraglioni, feine Küche, großer Pool, DZ/F ab 165 Euro (2 Pers.), mit Meerblick ab 245 Euro, Tel. (00 39) 08183 70 433, luna@capri.it, www.lunahotel.com (über Airtours oder privat). Das Belsito, ruhig, rd. 10 Min. ab Piazzetta, hat auch Zimmer. Ü/F ab ca. 38 Euro, Tel. (00 39) 08183 78 750, info@hotelbelsito.com. Gelsomina, ruhig, rd. 40 Min. von/bis Anacapri, Pool im Weinberg, DZ/F NS 105, HS 125 Euro, Tel. + Fax (00 39) 08183 71499, dagelsomina@Iibero.it.
Auskunft und Broschüren auf Deutsch bei Azienda Autonoma di Cura Soggiorno e Turismo, Tel. (00 39) 08183 75 308, touristoffice@ capri.it, www.capritourism.com.

Von Ursula Wiegand